Orestes

Orestes
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Sohn des Agamemnon** und der Klytaimestra*, die er auf Geheiß des Apollon* zusammen mit ihrem Liebhaber Aigisthos* wegen des Mords an seinem Vater tötete. Seine Schwester Elektra* und sein Freund Pylades* halfen ihm dabei. Nach dem Muttermord trieben ihn die Erinyen* in den Wahnsinn und ließen sich erst nach einer Gerichtsverhandlung, in der Apollon* und Athene* energisch für Orestes plädierten, wieder besänftigen. Die Schicksale des Orestes werden bereits in der Odyssee mehrfach erwähnt; dramatisch gestaltet haben sie Aischylos in seiner ›Oresteia‹, einer 458 v. Chr. aufgeführten Trilogie, bestehend aus den Stücken ›Agamemnon‹, ›Die Choephoren‹ (Das Totenopfer) und ›Die Eumeniden‹, Sophokles (Elektra, um 413 v. Chr.) und Euripides. Während Euripides sich in der ›Elektra‹ (um 413 v. Chr.) an den überlieferten Gang der Ereignisse hält, gibt er im ›Orestes‹ (408 v. Chr.) seiner Neigung nach, den Mythos umzugestalten, und läßt den Helden und seine Schwester wegen des Muttermords beinahe zum Opfer des Volkszorns werden, den weder Helena* noch Menelaos* beschwichtigen können. In seiner Bedrängnis will Orest Helena töten, die mittelbar an all seinem Unglück schuld ist, doch sie wird von den Göttern unter die Gestirne versetzt. Darauf nimmt
er ihre Tochter Hermione* als Geisel und droht sich mit ihr gemeinsam umzubringen – bis Apollon als deus ex machina erscheint und gebietet, er solle das Mädchen lieber heiraten.
Auf der Annahme, nicht alle Erinyen hätten jenen Freispruch des Orestes akzeptiert, beruht die Handlung der ›Iphigenie* in Tauris‹ des Euripides (um 412 v. Chr.): Orestes muß, um endgültig entsühnt zu werden, von der heutigen Halbinsel Krim ein hölzernes Bild der Artemis* nach Athen bringen und findet bei dieser Gelegenheit seine totgeglaubte Schwester. In der ›Andromache‹ des Euripides (um 425 v. Chr.) ist Orestes Rivale des Neoptolemos* um die Gunst der Hermione und bringt diesen schließlich um. Von späteren Bearbeitungen des Stoffs verdienen der ›Oreste‹ Voltaires (1750) und der Vittorio Alfieris (1781) Erwähnung; ein Schlüsseldrama des französischen Widerstands sind Jean-Paul Sartres ›Fliegen‹ (Les Mouches, 1943), in dem Orestes als Befreier eines unterdrückten Volks auftritt.
Recht frei mit dem Stoff ist auch Ernst Krenek in seiner Oper ›Das Leben des Orest‹ (1930) umgesprungen: Da soll Orest den Göttern geopfert werden und wird von Klytaimestras Amme nach Athen gebracht, wo ihn Schausteller mit sich nehmen, weil er ihre Bude demoliert hat. Später wird Agamemnon vergiftet, Elektra vom Volk erschlagen und zum Schluß
Orest durch ein kleines Mädchen gerettet. In eine Folge von Bildern aufgelöst ist die Geschichte von der Rache des Orestes bis zu seiner Flucht nach Delphi auf dem Orestes-Sarkophag (um 150 n. Chr., Rom, Lateran, Museo Profano). Orestes mit Pylades, Iphigenie und dem König von Tauris zeigt ein Wandgemälde aus dem Haus des Zitherspielers in Pompeji (um 50 n. Chr., Neapel, Museo Archeologico Nazionale). Das unzertrennliche Freundespaar war auch in neuerer Zeit ein beliebtes Thema der Maler; genannt seien ›Orest und Pylades‹ von Pieter Lastman (1614, Amsterdam, Rijksmuseum) und von Benjamin West (1766, London, Tate Gallery).

Who's who in der antiken Mythologie. 2013.

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